Bezahlbare und flexible Mobilität durch solidarisches Jahresticket, Routengenerator und Mobilitätskarte

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Solidarisches Jahresticket, Mobilitätsplattform (MobilitätsApp) und eine universale und einfache Bezahlfunktion (Mobilitätskarte) für den Verkehrsverbund von morgen

Flexibel, von Tür-zu-Tür, bezahlbar: Das Versprechen von Freiheit, das früher eng mit dem Auto verknüpft war, kann heute auch im digital verknüpften Verkehrsverbund möglich werden. Dafür müssen verschiedene Angebote intelligent miteinander verbunden werden: Unter anderem durch einen Ausbau von Radwegen, des öffentlichen Nahverkehrs und von Carsharing-Angeboten.

Das Ziel des Verkehrsverbundes der Zukunft ist es, dass niemand mehr auf ein eigenes Auto angewiesen ist. Und ohne Auto auch nichts vermisst.


Sofern ich am 26.9.2021 in den Bundestag gewählt werde, will ich Gesetzesinitiativen einbringen oder unterstützen, die dazu führen, dass

  1. bundesweit ein solidarisches Jahrestickets eingeführt wird, das alle Kosten des öffentlichen Verkehrs (ÖV) sozial austariert und auf alle Bewohner*innen einer Region umlegt,
  2. Wege auch ohne Auto einfach und in Echtzeit geplant werden können, zum Beispiel in einem (öffentlich geförderten) digitalen und bundes- oder europaweiten Routengenerator, der alle Mobilitätsoptionen erschließt,
  3. zusätzliche die Anschlussmöglichkeiten an den ÖV ausgebaut werden, z.B. durch öffentlich geförderte Ruftaxis oder integrierte Carsharing-Angebote, die eine Tür-zu-Tür-Mobilität ermöglichen,
  4. die Bezahlung verschiedener Mobilitätsangebote im vernetzten Verkehrsverbund einfacher wird, zum Beispiel durch die Einführung einer allgemeinen „Mobilitätskarte“.

Hintergrund: Beschreibung der Vorschläge im Detail

Lebenswerte Kommunen bieten Platz für Fußgänger und Fahrradfahrer, einen attraktiven öffentlichen Personennahverkehr (ÖV) und innovative Sharing-Angebote (Verkehrsverbund). Damit der Verkehrsverbund genutzt wird, muss er attraktiv und einfach sein. Hierzu gehören ein einfaches Instrument zur alltäglichen Planung der eigenen Mobilität mit „responsive design“ (Mobilitätsplattform und MobilitätsApp), eine einfache und umfassende, datenschützende Bezahlfunktion (Mobilitätskarte) und eine solidarische Finanzierung (Solidarisches Jahresticket).

(1)  Plattformübergreifender Routengenerator (webbasierte Mobilitätsplattform und/oder MobilitätsApp)

Ein vermutlich von Vielen empfundener Vorteil des eigenen Autos ist der, dass man jederzeit sofort losfahren kann und nicht planen muss. Die digitale Verknüpfung verschiedener Verkehrsangebote wie Carsharing, Radstellplätzen und öffentlichen Nahverkehr macht eine hohe Flexibilität möglich und damit für viele eine nahtlose Tür-zu-Tür-Mobilität auch ohne eigenes Auto.

Unterschiedliche Mobilitätsangebote wie geeignete Fuß- und Fahrradrouten, Carsharing, Taxi, Leih-, Lasten-, Elektrofahrrad, Bus und Bahn sollten in einer einzigen Plattform vereint sein. Entwickelt werden sollte ein Routengenerator für den Verkehrsverbund in Deutschland, noch besser Europa. Ein solches Angebot ist komplex aber machbar, wie Trafi in der litauischen Hauptstadt Vilnius zeigt. In den dahinter liegenden Mobilitätsangeboten werden ökologische Kriterien und vorgegeben und der Datenschutz berücksichtigt (Spiegel 2018).

(2)  Mobilitätskarte

Zu einer einfachen spontanen Mobilität gehört auch die einfache Bezahlbarkeit der verschiedenen Mobilitätsangebote. Hier kann ein Blick in die Niederlande helfen. Dort gibt es ein gut ausgebautes Netz an Verkehrsmitteln des ÖV, die alle mit einer wiederaufladbaren Chipkarte genutzt werden können. Egal ob Zug, Bus, Straßenbahn oder Metro, nahezu alle Verkehrsmittel können mithilfe der anonymen OV-Chipkaart bezahlt werden. Solch eine Bezahlform kann und muss höchsten Datenschutzanforderungen genügen und sollte perspektivisch für den gesamten Verkehrsverbund (inkl. Carsharing und Verleih von Rädern etc.) entwickelt und nutzbar gemacht werden.

(3) Solidarisches Jahresticket

Das solidarische Jahresticket legt alle Kosten des ÖV sozial austariert auf alle Bewohner*innen einer Region um (vgl. Bürgerticket Wuppertal). Damit wird es attraktiver, das eigene Auto öfter stehen zu lassen oder es ganz abzuschaffen.

(4) Fahrrad und stationäres E-Carsharing intelligent im Verkehrsverbund und zusätzlichen ÖV-Angeboten wie Ruftaxis und Rufbussen verknüpfen

Vor allem stationsgebundenes Carsharing entlastet bereits heute öffentliche Verkehrsflächen in unseren Städten (UBA 2016). Die größten Umweltentlastungspotenziale der E-Mobilität im motorisierten Individualverkehr liegen in aus erneuerbaren Energiequellen elektrisch betriebenen Carsharing-Flotten. Für wesentliche Komponenten eines Elektroautos, wie dem Elektromotor, werden Nutzungsleistungen von bis zu einer Million Kilometer prognostiziert. Wieviel Kilometer ein Elektromotor zukünftig tatsächlich hält, wird derzeit in einem Forschungsprojekt untersucht (Hochschule Esslingen). Die durchschnittliche Kilometerleistung pro Jahr eines PKW beträgt derzeit rund 13.250 km. Ein Carsharing-Auto kommt in einigen Städten auf etwa die doppelte Fahrleistung. Ein heute gebautes Elektroauto im Carsharing hätte also große Chancen, bezogen auf die Fahrleistung, deutlich früher einen geringeren Fußabdruck zu haben als ein heute gebautes Dieselauto (UBA 2017). Das Mobilitätsangebot erweitern können zusätzliche ÖPNV-Angebote wie Ruftaxis und Rufbusse, die einen an festgelegten Orten in der Nähe auf „Zuruf“ aufnehmen (vgl. holmich-app.de/)


Erwartete Wirkungen auf Emissionen, Arbeitsmarkt und Finanzen

Die vorgeschlagene Beitragshöhe für das solidarische Jahresticket gliedert sich im Fall von Wuppertal nach dem verfügbaren Jahreseinkommen jedes*r abgabepflichtigen Bürgers*in und wird für Vollzahler mit 1,6 € pro Tag angegeben. Das Potenzial zur CO2-Reduktion wird beim Bürgerticket in Wuppertal mit 15-20% der territorialen Emissionen Wuppertals angegeben (vgl. Bürgerticket Wuppertal). Die möglichen Effekte der Verkehrswende mit weniger Autos auf die Beschäftigung in Deutschland finden sich in Sievers et al. 2019 und Schade, W. et al. 2020 (vgl. MP 7).


Vorschläge für die rechtliche Umsetzung

(1)    Aufbau eines bundes- oder besser europaweiten den Verkehrsverbund übergreifenden Routengenerators z.B. durch Verankerung im Mobilitätsgesetz (vgl. MP 7)

(2)   Bundes- oder besser europaweites Bezahlsystem für alle Mobilitätsangebote

(3)   Solidarisches Jahresticket, das sozial austariert die Kosten des ÖV auf alle Bewohner*innen einer Region umlegt.

(4)   Förderprogramm für zusätzliche ÖV-Angebote wie Ruftaxis und Rufbusse (Beispiel vgl. holmich-app.de/) Reform Personenbeförderungsgesetz (PBefG): Für Taxis und auch das „Mietwagenfahren“, Rufbusse etc. sollten die gleichen Rahmenbedingungen (z.B. Bereitstellungs- und Beförderungspflicht, feste Kilometerpreise, soziale Standards) gelten und sie sollten Teil des öffentlichen Nahverkehrs bleiben bzw. werden. Eine Rückkehrpflicht für Mietwagen mit Fahrer, die bisher nach jeder Fahrt leer zu ihrem Betriebssitz zurückkehren müssen, sofern sie keinen Folgeauftrag haben, ist dabei aus klimapolitischen Gründen nicht mehr zeitgemäß.

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